Der rasche Aufbau der Industrie, der Bau von Straßen, die Zersiedlung unseres Landes und der damit zusammenhängende Landverbrauch, sowie der grundlegende Wandel der Landwirtschaft veränderten in diesem Jahrhundert das Bild unserer Landschaft, die durch die Zerstörung wertvoller Lebensräume ärmer an Pflanzen und Tierarten geworden ist. Durch diese Tiefgreifenden Veränderungen ist dem 1888 als Wander- und Heimatverein gegründeten Schwäbischen Albverein eine neue, zusätzliche Aufgabe erwachsen: Naturschutz und Landespflege.
1956 war zu entscheiden, ob dem Nürtinger Zementwerk ein weiterer Abbau des Dettinger Hörnle genehmigt werden sollte. Der Schwäbische Albverein mit seinem streitbaren Präsidenten Georg Fahrbach und seinem Mitstreiter Prof. Georg Wagner kämpfte zusammen mit zahlreichen Mitgliedern – dabei war damals auch Eugen Münz – um die Rettung des Hörnle. Mit Erfolg: Der weitere Abbau wurde nicht genehmigt. Der Berg blieb uns erhalten.
Georg Fahrbach schrieb damals den bemerkenswerten Satz, der uns alle zum Nachdenken bewegen möge und eine Verpflichtung sein sollte: „Wann werden wir endliche so weit sein, daß man ein Denken in Generationen über meist kurzfristigen Gewinn stellt“.
Unablässig setzt sich seitdem der Albverein für den Schutz der Natur und die Pflege unseres Landes ein. Um deren Belange wirksamer vertreten zu können, wurden die hautpamtlichen Stellen eines Pflegetruppleiters und eines Naturschutzreferenzen geschaffen. Letzterer gibt den Ortsgruppen, wertvolle Anregungen und Anleitungen für ihre Arbeit im Naturschutz und der Landespflege. Mißstände in der Landschaft, wie die Zerstörung wertvoller Lebensräume durch Begradigung der Bäche, Rodung von Hecken, Beseitigung von Acker- und Wegrainen und vor allem der übermäßige Landverbrauch wurden in Pressemitteilungen und –konferenzen verurteilt.
Die Wacholderheiden zeichnen sich durch eine Vielfalt seltener Pflanzen- und Tierarten aus. Sie sind daher unter Naturschutz gestellt. Seit Jahren läßt der Teck-Neuffen-Gau der Neuffener Heide die notwendige Betreuung angedeihen. Sie ist bekannt durch das Vorkommen wunderschöner Orchideen. Die Pflege weiterer großer Naturschutzgebiete, vor allem am Albtrauf, ist ohne den Einsatz des Pflegetrupps (zwei Zivildienstleistende unter dem Leiter Jörg Desseker).
Der Schwäbische Albverein erkannte den hohen Wert der Hecken für die Pflanzen- und Tierwelt und für die Landschaft schlechthin. Daher wurde das Jahr 1987 den Hecken gewidmet.
In Vorträgen, Broschüren und Lehrgängen hob der Schwäbische Albverein vor allem die ökologische Bedeutung der Hecken hervor und vermittelte dabei seinen Mitgliedern und einer breiten Öffentlichkeit die Erkenntnis, daß es sich lohnt, Hecken neu anzulegen und bestehende Hecken zu pflegen. Hecken sind Lebens- und Rückzugsraum vieler Pflanzen- und Tierarten, Niststätte heckenbrütender Vogelarten (Neuntöter, Goldammer…), als Lebensadern der Landschaft geeignet, unterschiedliche Lebensräume zu verbinden, bieten Schutz vor Wind und Erosion, gliedern und verschönern unsere Landschaft.
Auch auf der Gemarkung von Neckarhausen wurden verschiedene Heckenpflanzungen durchgeführt. Nachdem 1989 freiwillige Helfer des Schwäbischen albvereins im Gewann „Eichhalde“ eine Hecke vom Wald bis zum Heerweg angelegt hatten, folgte 1990 die Bepflanzung des Wasserhochbehälters im Gewann „Hochen“.
Aufgrund einer von der Stadt Nürtingen in Auftrag gegebenen Biotopkartierung auf dem Galgenberg, wurde vorgeschlagen, im Gewann „Spitzäcker“ eine Verbundstruktur zu schaffen. Diese sog. Biotopverbundbrücke besteht aus mehreren Hecken und Baumgruppen zur Verbindung von Wald und Streuobstwiesen am linken Talhang und verbessert die ökologische Situation auf einer größeren Fläche. Bei der Konzeptentwicklung durch die Stadtverwaltung und den Albverein wurden Vorgaben des Neckarhäuser Ortschaftsrats und Vorschläge von Studenten der Fachhochschule Nürtingen berücksichtigt.
Hervorzuheben sind vom Naturschutzreferenten Werner Breuninger gefertigte vorbildliche Pläne für die Neuanlage von sechs mehrreihigen Hecken und verschiedenen Baumgruppen im Bereich der Biotopverbundbrücke.
Nach sorgfältiger Planung und Vorbereitung folgten zwei Pflanzaktionen unter Mitarbeit des Pflegetrupps des Schwäbischen Albvereins und zahlreicher freiwilliger Helfer aus nah und fern. Bei der ersten Pflanzaktion am 17.12.1994 wurden Hecken mit 900 Sträuchern und verschiedene Baumgruppen mit 70 Bäumen gepflanzt.
Bei der zweiten Pflanzaktion am 30.10.1995 wurden zur Neugestaltung eines naturnahen, stufigen Waldrandes 223 Sträucher, 15 Bäume und als Übergang zu den nahen Streuobstwiesen am Talhang 20 hochstämmige Obstbäume gepflanzt, wobei Reinhard Jetter mit Rat und Tat behilflich war. Zusätzlich wurde an diesem Tag ein Rosenlehrpfad mit 13 verschiedenen Wildrosenarten angelegt.
Am Ende der zweiten Pflanzaktion wurde in einer Feierstunde mit Ansprachen von OB Bachofer, Bauobmann Puf und dem Umweltbeauftragten der Stadt Nürtingen, Hildebrand, die Anlage der Öffentlichkeit vorgestellt und die Arbeit der freiwilligen Helfer gewürdigt.
Ein Teil der Fläche oberhalb des Heerweges wird als Sukzessionsfläche der Natur überlassen. Der andere Teil dient als landwirtschaftliche Schaufläche und wird vom Albverein mit geschätzten fachkundigen Ratschlägen und tatkräftiger Hilfe von Otto Federschmid betreut.
Bisher wurden alte Kulturpflanzen angebaut: Lein und Leindotter, Buchweizen und Linsen, Dinkel und Luzerne. 1997 wurde im Bereich der Schaufläche eine Nisthilfe für allerlei Arten von Wildbienen errichtet.
Am linken Talhang zwischen Neckartailfingen und Neckarhausen prägen große, ökologisch besonders wertvolle Streuobstwiesen eindrucksvoll unsere Landschaft. Jeder, der am steilen, unebenen Knollenmergelhang seine Wiese pflanzt, leistet einen beachtlichen Beitrag für den Naturschutz. Denn durch seine mühevolle Arbeit sichert er den Fortbestand der Streuobstwiesen und damit das Überleben gefährdeter Tierarten wie Steinkauz und Wendehals.
Naturschutz und Landespflege sind eine bedeutende gesellschaftspolitische Aufgabe unserer Zeit. Der Schwäbische Albverein ist bereit und entschlossen, mit Sachverstand, Augenmaß und der erforderlichen Einsatzbereitschaft bei diese, dem Gemeinwohl dienenden Aufgabe mitzuwirken. Jetzt gilt es zu handeln, damit sich auch künftige Generationen an den Schönheiten einer unversehrten Natur freuen können.
Verfasser: Walter Wahl, 1998