Wandern ist Sport

Soweit die Füße tragen, – Wandern ist ein Sport der soviel Freiheit und Autonomie gewährt wie fast kein anderer. Und wer glaubt als Wanderer schief angesehen zu werden wertet sich nur selber ab: denn jenseits allen Rekordspektakels der Medien betreibt man Sport heutzutage weniger um körperlicher Höchstleistungen willen, sondern um Spaß zu haben, sich wohl zu fühlen und fit zu halten. Erlebnis- und abenteuerorientierte Wanderungen liegen daher – auch bei jungen Leuten – voll im Trend.

Aus den Leitlinien des Verbands Deutscher Gebirgs- und Wandervereine kann man zum Ausdauersport Wandern einige erstaunliche Fakten entnehmen; demnach bemisst sich der medizinische Wert einer Sportart vorrangig nach der verbrauchten Energie. Dadurch erfährt das Wandern eine unerwartete Aufwertung. Denn beim schlichten Gehen verbraucht man pro Kilometer fast ebenso viel Energie wie beim zügigen Laufen. Sie wird lediglich über einen längeren Zeitraum verausgabt, was Kreislauf und Atmung ermöglicht, unsere Muskeln auch ohne erhöhte Puls- und Atemfrequenz mit dem notwendigen Sauerstoff zu versorgen.

Damit erledigt sich der alte Gegensatz zwischen Sport und Wandern von selbst. Vom gemütlichen Spazierschritt bis zum ausgewiesenen Sportwandern, vom zügigen Walking, dem modernen Schnellgehsport auf kurzer Strecke, bis zum Trekking oder Weitwandern; alles ist möglich und erwünscht.

Ob man es will oder nicht; Jeder Wanderer ist automatisch ein Sportler. Wer gern länger unterwegs ist, hat objektiv sogar als Extremsportler zu gelten, denn er verlangt seinem Körper dasselbe Energiepensum ab, wie ein Langstreckenläufer, ohne sich allerdings dessen Trainingsrisiko oder Wettkampfdruck auszusetzen.

Aus dieser Sicht ist Wandern ein optimaler Gesundheitssport. Herz, Kreislauf, Stoffwechsel und Atmung, Muskeln und Stützgerüst werden durch ausdauerndes Gehen nachhaltig gestärkt.

Doch Wandern kommt noch einer Vielzahl von weiteren Bedürfnissen entgegen, die aus der Hektik unserer Berufs- Konsum- und Medienwelt heraus entstehen und nach Ausgleich drängen. All diese Bedürfnisse werden nicht vordergründig, einseitig oder auf Kosten anderer befriedigt. Vielmehr sind die Sinneseindrücke echt, die Erlebnisse wirklich, die Erfahrungen ganzheitlich, ohne schalen Beigeschmack oder unerwünschter Nebenwirkungen.

Verfasser: Bernd Euchner, 1998